Der Umstieg vom Spezialized Kenevo Gen2 auf das Levo Gen3. Was fällt bei den ersten Ausfahrten auf? Das Kenevo ist mit seiner extremen Geometrie und viel Federweg voll auf Downhillperformance getrimmt. Durch die langen Kettenstreben klettert es aber auch gut. Also eh ein guter Allrounder? Wie fährt sich das neue Turbo Levo im Vergleich? Testfahrten mit dem Gen2 Levo –  Spezialized Turbo Levo Comp 2020 versus Turbo Kenevo 2019 – und – Spezialized Levo versus Merida eOne Sixty – haben mich nicht überzeugt. Das „alte“ Levo hat als  Allmountain E-Bike zwar alle Tests gewonnen, mir war die Geometrie allerdings zu wenig progressiv, sprich zu aufrecht, zu kurz und hoch.
Das Levo Gen3 spielt da in einer anderen Liga: Lange, flache, tiefe Geometrie, Mullet Auslegung (29“ vorne, 27,5“ hinten) und kürzere Kettenstreben. Dazu Downhill Federelemente und unzählige Geometrie Verstelloptionen. Und damit deutlich näher am Kenevo dran als das alte Gen2 Levo. Aber wie nah wirklich?

Das ewige Duell: Levo versus Kenevo

Ersten Fahreindrücke nach über 2 Jahren auf dem Kenevo Gen2

Zuerst wirkt das Levo deutlich größer als das Kenevo. Grund ist das 29er Vorderrad mit dem mächtigen 2,6er Butcher Grid Reifen. Das Kenevo wirkt daneben tief und geduckt, aber länger. Das große, breite Vorderrad fährt sich auch anders. 29er reagieren langsamer, träger. Durch den fetten Vorderreifen ist das noch stärker spürbar. Dafür massig Bremstraktion und gute Eigendämpfung. Dazu rollt das Vorderrad gut über Hindernisse und unterstützt die Körperposition wenn es steil bergab geht. Also definitiv ein Vorteil. Ich habe ja schon 2018 mein 27,5er Merida E-One Sixty mit 29er Vorderrad getuned und war voll überzeugt von diesem Konzept. – Setuptipps Merida eOne Sixty – Nur ist eventuell ein etwas schmälerer 2,5er Vorderreifen die bessere Wahl.
Bergauf ist das Kenevo durch die längeren Kettenstreben und die extrem lange Geometrie schwer zu schlagen. Solange keine engen Kehren kommen, wo der Lenkeinschlag zählt…. Einzig die harte Übersetzung der 11fach Kasette mit maximal 42 Zähnen schränkt die Kletterfreude ein. Da muss man mehr Unterstützung wählen und mit höherem Tempo fahren. Beim neuen Levo hat man 12 Gänge und 52 Zähne zur Verfügung. So kann man auch langsam, batterieschonend, die Berge hochkraxeln. Durch die lange  Geometrie funktioniert das auch ganz gut, dennoch, beim Kenevo steigt das Vorderrad später.
Die Kettenstreben sind beim neuen Levo um 12mm kürzer als beim Kenevo. Und das ist ebenfalls sofort spürbar. Zwar ist das Einlenken in engere Kurven durch das 29er Vorderrad langsamer, dafür folgt das Heck schneller, was insgesamt für ein spritzigeres Kurvengefühl in engen Ecken sorgt. Außerdem lässt sich das Levo Vorderrad deutlich leichter anheben, was ein verspieltes Fahren begünstigt.
In engen Ecken steht man beim Levo nicht an den Gabelstandrohren an, wie bei der Rock Shox Boxxer am Kenevo. Die Steifigkeitsvorteile der Doppelbrückengabel sind mit den aktuellen 38er Einfachbrücken-Gabeln (Fox Float 38, Rock Shox ZEB) gefallen, also hier Vorteil beim neuen Levo durch mehr Lenkeinschlag.
Beim Handling fällt das leichtere Gewicht auf. Mein Levo ist, downhillgetrimmt, über ein Kilo leichter als das Kenevo. Das ist spürbar, nicht nur beim Tragen aus dem Keller. Das Bike ist einfach agiler und spritziger. Gedankt ist dem Carbonrahmen, die Anbauteile sind bei mir bei beiden Bikes auf gleichem Qualitäts- und Gewichts- Niveau.
Mehr Agilität beim Levo auch durch die deutlich kürzeren Federwege von 16cm vorne und 15cm hinten, versus 19cm vorne 18cm hinten bei meinem Kenevo. Da verpufft auch viel gewollte Bewegungsenergie in den Kenevo Federelementen.
Kommen die Schläge schneller und härter kann auch das neue Levo nicht mit dem Kenevo mithalten. Harte Hits und Kompressionen, eventuell auch in Kombination mit schnellen Kurven, da ist das Kenevo eine Macht. Hier überzeugt der E-Freerider mit einem unerreicht satten, sicheren Fahrverhalten. Gemessen am geringen Federweg schlägt sich das Levo aber sehr gut. Ich habe bei meinem Turbo Levo Comp auf eine Fox 38er Gabel und den X2 Dämpfer umgerüstet. (Mehr darüber im nächsten Beitrag.) Mit diesem Top Fahrwerk und der progressiven Geometrie funktioniert auch hartes, ruppiges Terrain trotz weniger Federweg wirklich gut. Gegenüber dem Kenevo muss man hin und wieder ein wenig Tempo rausnehmen, in Summe habe ich aber durch die Agilität mehr Fahrspaß.

Fazit

Der erste Fahreindruck entspricht meinen (hohen) Erwartungen. Mein Kenevo Gen2 kann in einigen extremen Fahrsituation punkten. Je schneller, je härter umso besser. Ist das Gelände und der Speed nicht ganz so hoch, wie das ja im Allroundbetrieb meist der Fall ist, spielt das neue Spezialized Turbo Levo Gen3 seine Vorteile aus. Leichtfüßiger, agiler, aber dennoch sicher und schnell bergab. Eine andere Welt als das alte Gen2 Levo und von der Downhillperformance definitiv näher am Kenevo dran als man denkt. Und das schon beim ersten Fahreindruck ohne großes Suspension und Geometrie Setup!