Vor vier Jahren brachte Spezialized als einer der ersten Bike Brands ein Light E-Bike auf den Markt, das Turbo Levo SL (Superlight). Gut 4-5 Kilo leichter als E-Bike üblich, dafür mit deutlich reduzierte Power. Spezialized schrieb damit Geschichte. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon gut 5 Jahre mit E-Bikes unterwegs und hatte einige Erfahrung gesammelt. Damals war ich der Meinung, dass die viele Leistung der E-Bike Motoren gar nicht notwendig sei, die Hälfte würde eigentlich reichen, wenn das Bike dafür ein paar Kilo leichter wäre. Geboten wurden dann 2020 beim Levo SL mit 240Watt annähernd die Hälfte an Leistung, allerdings mit 35Nm nicht viel mehr als ein Drittel des Levo Drehmoments (90Nm). Um das Gewicht niedrig zu halten war ein kleiner 320Wh Akku verbaut. (Levo 700Wh)
So toll das leichtfüßige Handling auch war, Motorpower und die Reichweite waren schon sehr bescheiden. Dazu ein lauter Motor und eine biedere Tourengeometrie. So hat mich das erste Levo SL 2020 nicht überzeugt. – Spezialized Levo SL 2020 E-Bike Light Test – und nach meinem – Spezialized Turbo Kenevo Expert 2020 – wurde es ein – Turbo Levo Comp –.
Spezialized Levo SL – Zweite Generation
In den letzten Jahren hat der Mitbewerb im Lightsegment nachgezogen und Spezialized war gefordert. Mehr Power und leiseres Motorengeräusch waren gefordert. Dazu eine modernere, progressivere Geometrie. Länger, flacher, abfahrtslastiger. Und da ist es das Spezialized Levo SL der zweiten Generation.
SL Geometrie – Top modern und anpassbar
Optisch fällt die neue moderne Rahmengeometrie gleich auf. Länger und flacher, ähnlich dem aktuellen Turbo Levo. Allerdings ohne dem typischen asymmetrischen Rahmen beim Federbein. Und mit sehr kurzen Kettenstreben für spritziges Handling. Das SL kommt als Mullet (Vorne 29“ hinten 27,5“), kann aber auch als 29er gefahren werden. Dazu gibt es einen Flip Chip an der Kettenstrebe. Die Geometrie lässt sich an der Federbeinaufnahme und mit einer asymmetrischen Steuersatzschale vom Touren- bis Enduroeinsatz anpassen; top. Bis auf die 14mm kürzeren Kettenstreben ist die Geometrie fast ident mit dem aktuellen Turbo Levo Gen3. Auch die Federwege sind mit 160 vorne, 150 hinten gleich.
SL Antrieb – stärker und leiser
Der Motor ist von außen nicht als neuer SL Motor zu erkennen. So sind Abmessungen und Gewicht gleich geblieben. Auch der (nicht entnehmbare Akku) ist mit 320Wh gleich groß (oder besser klein) geblieben. Dennoch wurde nachgelegt. Das Drehmoment ist von 35Nm auf 50Nm gestiegen, die Spitzenleistung um 33% und die Geräuschentwicklung soll deutlich reduziert sein. Trotz des Leistungsplus verspricht Spezialized die gleiche Reichweite wie beim „alten“ SL.
Die Testrunde – ernüchternd
Ich bin mit dem Testrad, einem Levo SL Comp einer meiner Standardrunden im Grazer Bergland gefahren. 1.200Hm und 30km. Alles dabei von Asphalt, Schotter, technisch bergauf und anspruchsvoll bergab. Da sich die 1.200Hm wahrscheinlich nicht ohne Zusatzakku ausgehen, habe ich einen Range Extender in den Flaschenhalter gesteckt. Damit noch mal 160Wh, aber auch 1kg mehr Gewicht. Mit meinem Levo Gen3 fahre ich diese Runde mit 40% Unterstützung, das sollte dann mit dem SL im Turbo Modus nicht viel langsamer und mühevoller sein. Bei der ersten Asphaltsteigung nach dem Start war ich eigentlich von der SL Power positiv überrascht. Wenn es nicht zu steil ist und man hohe Frequenzen kurbeln kann, schiebt der Motor auch schön. Er ist deutlich stärker und auch leiser als der SL Antrieb der ersten Generation. Wobei der Brose im Levo noch eine Klasse leiser ist.
Sobald es bergauf etwas technischer wird, schaut das mit der Motorpower ganz anders aus. Das Drehmoment des Levo’s hilft einen immer wieder über Schlüsselstellen hinweg. Es ist viel einfacher, den Schwung zu halten bzw. wieder aufzunehmen. Beim SL hilft da nur runterschalten und langsam klettern, wie man es vom Biobike kennt. Man ist langsamer und mühevoller unterwegs.
Bergab geht es erst mal einen engen Singletrail entlang. Hier fasziniert die Spritzigkeit des SL’s, keine Frage. Durch die kürzeren Kettenstreben lässt das Vorderrad leichter hochziehen, das gefällt. Ich bin hier auch ein Stück ohne den Range Extender gefahren; das SL ist dann nochmals spritziger und agiler. Dann wird es schneller und ruppiger. Das ist Levo Terrain. Alleine durch das höhere Gewicht liegt das Full Power Levo souveräner und gibt deutlich mehr Sicherheit. Wobei der Vergleich unfair ist. Mein Levo ist zwar auch ein Comp und serienmäßig ähnlich bestückt, allerdings mit 38er Fox und X2 Dämpfer getuned. – Spezialized Turbo Levo Comp – Tuning- . Dazu 170mm vorne und 160mm hinten. – Spezialized Turbo Levo EVO Tuning 170/160mm – Und dann ist auch noch hinten ein durchschlagsicherer Downhillreifen montiert. Das SL fährt sich dagegen sehr agil, wobei die Geometrie eine Welt tempofester als beim alten SL ist.
Unten im Tal angekommen geht es jetzt noch 150Hm über eine tiefe, feuchte Forststraße hoch. Das Akku beim SL ist jetzt bei 20% und reduziert die eh schon schwächere Leistung. Sehr zach. Beim Levo habe ich hier noch 40% Restkapazität und kann mit Turbo den Akku leerfahren oder noch einen Berg dranhängen. Das SL hat daheim gerade mal 9% übrig. Also wenn man mit der vollen Leistung fährt ist das das Maximum.
Fazit
Das agile Handling und die moderne Geometrie des neuen Spezialized Levo SL gefallen. Zum „alten“ SL von 2020 ein deutlicher Performancesprung. Stärkerer, leiserer Motor und progressivere Geometrie mit vielen Anpassungsoptionen. Kommt man wie ich vom Full Power E-Bike ist der Umstieg auf das SL allerdings hart. Es fehlt mir an (E-Bike typischen) Drehmoment und Reichweite/höhe. Zu sehr habe ich mich an den Uphill Flow gewöhnt und möchte ihn nicht mehr missen. Bio Biker sehen das natürlich ganz anders. 3-4kg statt über 8kg E-Bike Zusatzgewicht mehr als ein herkömmliches Trailbike sind eine Ansage. Von E-Bike Trägheit keine Spur, dafür immer leichter Rückenwind. Das Levo SL macht den Einstieg in die E-Bikewelt für sportliche Biker wieder einen Schritt attraktiver. Ich persönliche schätze allerdings nach dem SL Test mein Gen3 Levo umso mehr. Starker, ausdauernder, leiser Motor für flotte oder technische Uphills und viele Downhills. Mit Enduro Geometrieeinstellung , 170/160mm EVO Fahrwerkssetup und robuste Bereifung ist mein Levo bergab zumindest eine Klasse besser. Zwar nicht so agil und verspielt, dafür stabil und satter, wenn es zur Sache geht. Ab besten beide ausprobieren, der Vergleich macht auch Dich sicher. Testbikes gibt’s beim Rofa-Sport in Graz Andritz.
Hi danke für den Testbericht vom Levo SL 2.
Spanend auch zu lesen, wie sich Eindrücke decken können. Mein Fazit ist, dass es für mich derzeit keinen Mehrwert zum Levo Comp „Evo“ (170mm vorne/150mm hinten) bietet.
Überlege gerade noch welches n+1 es bei mir im Jahr 2024 wird. Für Parks mit Lift/Shuttle schwanke ich zwischen Stumpjumper Evo und Orbea Occam LT. Als e-Bike Option, habe ich noch das Orbea Rise auf der Liste – viele positive Erfahrungen im Umfeld und 60nm und 540 Wh sind ebenfalls interessant. Denke das eines dieser 3 Bikes den besten Mehrwert zum Levo Comp „Evo“ für mich bieten kann. Hoffe hier noch auf ein paar Probefahrten bis zum Sommer – dann wird entschieden.
Freut mich Jürgen, ich denke heuer wird ein neues Levo kommen, und auch Kenevo ist längst eins fällig… da werde ich zuschlagen. Bis dato gibt es für mich keine Alternative zum (Evo) Levo. Alle anderen Brands haben irgendeinen gravierenten Nachteil (Gewicht,Reichweite,Geräusch,Display,Geo….) – in Summe ist Spezialized die beste Wahl, zumindest für mich.