Das Projekt Fahrwerkstuning KTM EXC 350F geht in die nächste Runde. Meine 2020er EXC war im Serientrimm richtig schwammig. Neben den weichen Federn war hier auch die Grundabstimmung der Dämpfung generell zu weich, sodass nur eine Überarbeitung des Fahrwerks vom Spezialisten Abhilfe schaffen konnte. Damals durch Seppi Kandlhofer von Motopitkan. Dabei kam auch die Idee eines WP Pro Components Fahrwerks auf. Dann kam die 2021er EXC und ich war von der guten Performance des Serienfahrwerks überrascht. – KTM 350 EXC-F Six Days 2021 Italy – Die ersten Testfahrten – Sogar mit (für meine 90kg mit Ausrüstung) weichen Originalfedern konnte ich am MX Track ein gutes Tempo fahren.
WP Pro Components – die Lösung bei Fahrwerksproblemen?
Nach 30 Jahren im Offroadsport wollte ich es wissen und kaufte mir ein High End Fahrwerk. Mit 3.000,- für die XPLOR PRO 7548 Gabel und 2.000,- für das XPLOR PRO 8946 Federbein ein wahrlich teurer Spaß. Aber gut, das Fahrwerk kann man viele Jahre fahren und der Werterhalt ist auch gut. Aber wie ist die Performance für den ambitionierten Hobbyfahrer?
Was verspricht das Pro Fahrwerk?
Mehr Komfort bei höheren Geschwindigkeiten, mehr Gegendruck in der Mitte und dadurch eine höhere Fahrsicherheit. Dazu bessere Traktion und Beschleunigen über Wellen. Hört sich super an, wer will das nicht?
Und wie fährt sich das Pro Fahrwerk?
Die Pro Gabel ist um 1,5cm länger, das Federbein um 0,8mm kürzer als die Serien XPLOR Teile. Das hat starke Auswirkungen auf die Geometrie des Bikes. Das Farioli Werksteam liebt diese – fahrstabile – Abstimmung für schnelle Zeiten in den Sonderprüfungen der Enduro WM. Top für schnelle Piloten, die Kurven gerne über das Hinterrad fahren. Ist man, wie ich, ein Fahrer der Druck am Vorderrad braucht, ist hat man mit der Geometrieveränderung so seine Probleme. Auch wenn man die Gabel in der Brücke weiter runterschiebt bleibt die hecklastige Auslegung. Diese wird auch von der Abstimmung der Pro Components unterstützt. Die Gabel ist straffer als das Federbein.
Ich bin mit der EXC 450er Grundabstimmung gefahren, da passen die Federraten für mein Gewicht. Am MX Track lässt das Profifahrwerk bei kaputten Strecken höhere Geschwindigkeiten zu und steht schön hoch im Federweg. Der beworbene Komfort kommt nur über den Speed. Ist man nicht schnell genug, ermüdet man schneller. Ein Profifahrwerk eben. – KTM 350 EXC-F – WP Pro Components Fahrwerk – Erster Test –
Zum direkten Vergleich habe ich auf der Strecke Fahrwerke hin und her getauscht. Eigentlich ernüchtert. Bei meinem Amateurspeed kann ich vom möglichen Vorteil der Pro Components nicht profitieren. Natürlich gibt es Situationen wo man eindeutig Vorteile hat. Etwa weite Sprünge ins Flache oder höherer Speed über Anbremswellen. Dafür, durch die Geometrieveränderung, weniger Druck am Vorderrad und anstrengender zu Fahren über die Distanz. Als Hobbyfahrer ist für mich der absolute Speed nicht so entscheidend wie das Fahrgefühl und der Komfort.
Im Vergleich funktioniert das Serien XPLOR Fahrwerk meiner 2021er 350 EXC, mit härteren Federn bestückt, wirklich nicht schlecht. Feines Ansprechen und kein Durchschlagen. Was bleibt ist die endurotypisch weiche Mitte, die dafür sorgen soll dass das Motorrad viel Traktion aufbaut und bei Kompressionen vor Auffahrten nicht zu viel vom Hang weggedrückt wird. Allerdings wäre beim schnellen Fahren mehr Gegendruck in der Mitte gefragt, für mehr Sicherheit und Speed.
Fahrwerkstuning am bestehenden KTM EXC XPLOR Fahrwerk
Ist man als Hobbyfahrer mit der Performance seines EXC Serienfahrwerk nicht zufrieden, ist eine Überarbeitung beim Fahrwerksspezialisten die beste Lösung. Individuell an Körpergewicht, Speed und Einsatzbereich angepasst wird das XPLOR Fahrwerk überarbeitet. Mit dem Wunsch nach mehr Dämpfung (Gegendruck) im mittleren Federungsbereich bei Beibehaltung des vollen Komforts wurde mein Fahrwerk von JAK-Racing in Klagenfurt überarbeitet. Mit ca 950 bis 1.200 Euro (wenn andere Federn notwendig sind) sind die Kosten im Rahmen. Es wird ja wirklich viel umgebaut und den Testaufwand bei der Entwicklung des Setups muss man ja auch berücksichtigen.
JAK-Racing Fahrwerkstuning im Detail
Klaus Martinjak, JAK Racing:
„Mir war es besonders wichtig mit den hier angeführten Modifikationen, ein Paket zu entwickeln, welches die Ansprüche vom Hobbyfahrer bis hin zum motivierten Sportfahrer der auch Rennen bestreitet abdeckt, und vor allem auch für alle leistbar bleibt, zu realisieren.“
WP-XPLOR Gabel
- Gabel und Dämpferfedern werden dem jeweiligen Fahrer und Fahrzeuggewicht entsprechend angepasst. (Auch um eine bessere Fahrzeugbalance herzustellen)
- Die Cartridge wird dahingehend modifiziert das von Einfederungsbeginn an ein Druckaufbau möglich ist und das Druckstufenventil kontinuierlicher arbeiten kann. (Gleichmäßiger und größerer Flow durch das D-Ventil und daher bessere Abstimmungsmöglichkeit und Dämpfung)
- Ein Druckstufenventil mit integriertem „Low Speed Versteller“ wird im rechten Holm unten verbaut. Das bringt eine wesentlich effektivere d.h. merkbare Änderung der Druckstufeneinstellung mit viel größerem Einstellbereich. Zu beachten ist, dass der serienmäßige Druckstufeneinsteller am Gabelholm links oben als High Speed Einsteller zu betrachten ist, der auch Einfluss auf die Fahrhöhe und das Eintauchen hat.
- Generell werden alle Shim Settings sowohl auf den Druckstufenventilen als auch auf den Zugstufenventilen geändert und angepasst, sodass sich ein harmonischerer Dämpfungsverlauf vor allem in den Übergangsbereichen von low zu highspeed Dämpfung ergibt. Dadurch wird eine bessere Fahrzeugkontrolle erzielt. Es werden auch mehr dünnere Shims verbaut um die spezifische Biegebelastung jedes einzelnen Shims herabzusetzen, was dazu führt, dass das ganzen Shim Paket eine wesentlich längerer Lebensdauer und nicht nachlassende Performance auch nach einer ganzen Rennsaison aufweist.
- Das sog. XPlor Ventil, das sich auf der linken Seite im Midstrokebereich der Cartridge befindet, wird durch ein von JAK Racing entwickeltes „Jak-Cone Ventil“ ergänzt, welches mehr Dämpfung generiert und die Gabel höher im Stroke hält, sodass das zu starke Durchtauchen der Seriengabel verhindert wird.
- Die Tauchrohre werden mit einem Feinstrukturschliff versehen was sowohl im Einsatz entstandene Kratzer entfernt als auch zu einer geringeren „stick slip“ Reibung führt und das Losbrechmoment verbessert.
- Des Weiteren wird auf Wunsch das Gabeltauchrohr im Bereich der Simmeringe dahingehend modifiziert das es zu einem viel geringerem Aufpumpen der Gabel kommt. Daher muss weniger oft entlüftet und ein im Fahrbetrieb länger gleichbleibendes Ansprechverhalten der Gabel wird gewährleistet.
WP -Dämpfer (PDS und LINK System)
- Die Dämpferfedern werden dem jeweiligen Fahrer und Fahrzeuggewicht entsprechend angepasst. (Auch um eine bessere Fahrzeugbalance herzustellen)
- Es werden alle Shim Settings sowohl an Druckstufenventilen als auch an Zugstufenventilen geändert und angepasst, sodass sich ein harmonischerer Dämpfungsverlauf vor allem in den Übergangsbereichen von low zu highspeed Dämpfung ergibt. Dadurch wird auch eine höhere Endprogression erzielt und es kommt dadurch zu einer besseren Fahrzeugkontrolle und geringerer Durchschlagsneigung. Des Weiteren ist das Ausfederungsverhalten nach höheren Sprüngen sowie auch bei langen Wellen in Steilhangeinfahrtskompressionen wesentlich verbessert, was zu einer besseren Kontrollierbarkeit des Motorrades und stark verbesserter Spurtreue in Auffahrten führt.
- Der Dämpferkolben wird modifiziert um ein besseres Ansprechverhalten im low speed Bereich zu erzielen und dadurch auch im wurzeligem Gelände die Traktion und Radführung zu verbessern.
- Der serienmäßig verbaute Ausgleichsbehälter mit fehleranfälligem Plastiktrennkolben wird durch einen Ausgleichsbehälter mit sog. Bladder (Gummiblase) getauscht. Das führt zu einem besseren Ansprechverhalten bei kleinen Bodenwellen (z.B. Wurzeln und Steine) sowie eine wesentlich verbesserte Temperaturabgabe des Dämpfers, weil die Kontaktfläche des Dämpferöls zur Aluminiumoberfläche vergrößert wird. Dies macht sich vor allem bei längerer Beanspruchung und beim Moto Cross durch eine länger anhaltende gleichbleibende Dämpfungsperformance bemerkbar. Der einzige Nachteil dieses Umbaus ist, dass der Dämpfer mit Bladder regelmäßig d.h. nach 30 bis 40 Std. im Sportbereich und spätestens nach 60 bis 80 Stunden im Hobbybereich gewartet werden muss, da durch die größere Gummioberfläche mehr Stickstoff ins Dämpferöl diffundieren kann. (Wie es ja auch bei allen japanischen Produkten der Fall ist)
Fazit
Aufwendig, und dabei nicht übertrieben teuer ist ein Umbau des Serienfahrwerks einer KTM EXC beim Fahrwerkstuner JAK-Racing. Meist geht es darum, die Serien Dämpfung gezielt zu erhöhen, und dadurch die Bewegungen des Fahrwerks besser zu kontrollieren. Mehr Komfort, mehr Traktion, mehr Kontrolle, mehr Speed – wollen wir das nicht alle?
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