Westalpen – Echtes Testgelände
Auf den harten Westalpentrails muss die neue KTM Adventure 790R zeigen, was sie kann. Die Schotterwege sind ausgewaschen; mit großen Steinen und tiefen Regenrinnen anspruchsvoll. Wer hier auf Zug fahren will, braucht ein Top Fahrwerk, sonst „klescht“ es vorne wie hinten gnadenlos durch.
790R Fahrwerk – fantastisch
Wirklich positiv überrascht hat mich das Fahrwerk. Bei der KTM Super Adventure1290R hatten die Presse auch vom neuen härteren durchschlagsicheren Fahrwerk geschrieben; und dann hat es bei tieferen Rinnen und Sprüngen vorne und hinten durchgeschlagen, sodass man Tempo rausnehmen musste. Lest dazu meinen Beitrag zum Fahrwerkssetup der KTM Super Adventure 1290R. Anders bei der neuen 790R. Laut KTM hat die 790R „das beste jemals in einem Serien Adventurebike verbaute Fahrwerk“. Und das unterschreibe ich sofort! Es gibt definitiv kein Durchschlagen. Auch bei Sprüngen ins Flache hat die Gabel noch Reserve. Auch hinten, bei bösen Kanten schlägt nichts durch. Sicher ist das Fahrwerk straff abgestimmt; eine komfortable Reiseenduro ist die KTM nicht. Will sie auch gar nicht sein. Dafür vermittelt das Fahrwerk viel Sicherheit und das auch auf der Straße bei sportlicher Fahrweise. Wenn man den Komfort auf sportlichem Niveau betrachtet ist er hoch. Ermüdungsfreies langes Fahren auf übelsten Wegen mit hohem Tempo; dafür ist die 790R gemacht. Was da ein Nachrüstfahrwerk, wie es von WP angeboten wird (WP Explor Pro) besser kann? Ich hoffe, ich habe einmal die Gelegenheit zu einem Test. Die 790R Rally, die im Frühjahr 2020 in einer limitierten Sonderserie kommt, hat mit 27cm 3cm mehr Federweg. Das erlaubt mehr Speed im Groben, aber das Bike ist dann sehr hoch mit Nachteilen im technischen Gelände und im Alltag. Ich denke die Serien 790R mit 2cm höherer, durchgängigen Sitzbank, die ich bestellt habe, wird schon grenzwertig zu handeln sein. Ich bin gespannt. (…wie das tatsächlich funktioniert hat, lest Ihr in meinem Beitrag KTM Adventure 790 Test hohe Sitzbank.)
Suspension – gelungenes Basic Setup
Bei der Gabel war ich mit dem Seriensetup (15 Klicks auf bei Druck und Zug) voll zufrieden. Kein Durchschlagen, keine Unruhe im Fahrwerk. Am Federbein habe ich lediglich Zug- und Druckstufe 3 Klicks reingedreht (das entspricht der Einstellung „Sport“), da das Heck bei Rinnen und Kanten beim Standardsetup leicht zum Nachschauckeln neigt. Das Fahrwerk ist straff und auf sportliche Fahrweise abgestimmt. Preload (Federvorspannung) ist standardmäßig auf 4 Umdrehungen eingestellt. Nicht im Manual aber auf dem Kleber unter der Sitzbank empfiehlt KTM für den Offroadbetrieb nur 1 Umdrehung. Dadurch senkt sich das Heck etwas, was mehr Gewicht auf das Heck bringt. Mir haben 2 oder 3 Umdrehungen Preload besser gefallen, denn so habe ich im Stehen mehr Druck am Vorderrad. Auch auf der Straße funktioniert das straffe Fahrwerk ausgezeichnet. Die 790er liegt superstabil und taucht beim Anbremsen nicht zu weit ein. Die Preloadeinstellung ist auf der Straße stark merkbar, da das mehr oder weniger angehobene Heck die Lenkgeometrie und somit das Einlenkverhalten beeinflusst. Funktioniert mit 4 Umdrehungen Onroad am besten.
790R Fahreigenschaften – Funbike
Die Souveränität mit der sich die 790er auf Schotter bewegen lässt begeistert. Die perfekt ausbalancierte Stehposition mit viel Platz zwischen Fußrasten und Lenker ermöglicht langes ermüdungsfreies Fahren im Stehen. Auch bergauf kommt man mit dem Oberkörper super über den Lenker. Enge Kurven können sportlich im Sitzen genommen werden, da der kurze Tank ein weites Vorrücken auf der Sitzbank ermöglicht. Mit der 2cm höheren durchgängigen Nachrüstbank wird das noch besser gehen. (… und so ist es auch – lest meinen Beitrag KTM Adventure 790 Test hohe Sitzbank) Durch den tiefen Tank liegt der Schwerpunkt wie bei einem Rallybike sehr tief, wodurch das Handling für einen 2-Zylinder hervorragend ist. Der absolute Hit ist allerdings die Gewichtsverteilung mit (für einen Zwei Zylinder) weniger Gewicht auf dem Vorderrad. Ist Traktion vorhanden lässt sich die 790er stehend bei jeder kleinen Welle ohne viel Krafteinsatz hochziehen, im zweiten aber auch im dritten Gang. Und das macht richtig Spaß!
Wo sind die Grenzen?
Mit der 790R geht unglaublich viel. Man traut sich sehr viel zu. Und das ist nicht ungefährlich, denn wenn das Motorrad steht, bzw. zur Seite kippt, sind die +200kg gleich zu spüren. Auf engen Wegen umdrehen ist nicht so leicht wie mit einer EXC. Powerslide oder Heck herumheben ist Schwerstarbeit. Im Steilhang hängen bleiben, ist daher verboten. Wenn die 790er dann verkehrt ins Rutschen kommt hilft nur abspringen… Aber für solche Einsätze gibt es andere Motorräder. Mit Sicherheit gibt es kein 2-Zylinder Adventurebike mit dem man so weit kommt wie mit der 790R.
Fazit
Fahrwerk und Offroadeigenschaften der KTM Adventure 790R begeistern. Die straffe durchschlagsresistente Federung, die Gewichtsverteilung, der tiefe Schwerpunkt und die Steh/Sitzposition tragen dazu am meisten bei. Man merkt, das die Offroadeigenschaften bei der Konstruktion der 790R ganz oben auf der Liste gestanden sind. Das der Einsatzbereich dennoch so extrem breit geblieben ist, ist die eigentliche Sensation. Im nächsten Beitrag geht es dann um Motor und Bremsen, demnächst in diesem Blog!
Hinterlasse einen Kommentar