50:50er Reifen versus Rally Reifen – eigentlich ein klarer Fall, welcher Reifen für welchen Einsatzzweck besser geeignet ist. Dennoch fragen sich Adventurebiker, ob der 50:50er auch härteres Gelände mitmacht bzw. inwieweit ein Rallyreifen allroundtauglich ist.
Tubeless oder Tube Type?
Viele Adventurebikes, wie auch die KTM Adventure 890, kommen serienmäßig mit Schlauchlosfelgen. (Tubeless, TL Type) Das hat im Allroundbetrieb durchaus Vorteile. Kleinere Reifenschäden lassen sich mit einem Tubeless Repair Kit schnell beheben, ohne das Rad auszubauen. Allerdings gibt es am Markt kaum richtige Offroadreifen, die Tubeless geeignet sind. Das liegt daran, dass im harten Geländebetrieb (wie bei Rallies) fast ausschließlich mit Schlauch oder Mousse gefahren wird. Warum? Weil auch bei einem gröberen Reifenschaden oder einer verbogenen Felge die Weiterfahrt möglich ist.
Tubelessfelgen lassen sich meist nicht ohne weiters mit Schlauch fahren, da das Ventil nicht immer mittig steht. (Was zur Not allerdings schon geht) Außerdem sind sie in der Regel sehr breit, damit der Reifen auf der Straße stabil auf der Felge steht. Im Offroadbetrieb ist die breite Felge dann schneller beschädigt und der Reifen kann nicht so gut dämpfen wie bei einer schmalen Offroadfelge.
Wer also öfter härteres Gelände fährt, kommt an einem (Tube Type-) Offroad Rädersatz wie den Talon Radsatz KTM Adventure R Heavy Duty vom Auner oder den KTM Factory-Radsatz nicht vorbei. Und hat damit außerdem den Vorteil, schnell von Touring auf Offroad Bereifung wechseln zu können. Mehr darüber im Jentlflow Blogbeitrag KTM Heavy Duty Laufräder – KTM Adventure 890
Ein abolutes Muss ist der zweite Laufradsatz aber nicht. Viele Bosnia Rally Fahrer sind mit den Serien Tubeless Felgen am Start. Ich selbst bin im ersten Jahr ebenfalls mit den breiten Felgen gefahren; ohne Schäden. Einen rallytauglichen Tubeless Reifen zu finden ist allerdings gar nicht so einfach. – KTM Adventure 890 – Offroadreifen für die Bosnia Rally –
50:50er Reifen – der perfekte Kompromiss?
Offroadaffine Adventurebiker fahren meist allroundtaugliche 50:50er Reifen. Der Einsatzbereich sollte also dann bei 50% Straße und 50% Offroad liegen. Damit der Reifen so ein breites Spektrum abdecken kann, müssen natürlich Kompromisse eingegangen werden.
Auf der Straße ist es in erster Line die Laufleistung, die leidet. Je größer der Stollenabstand und je weicher die Gummimischung, umso höher der Verschleiß Onroad. Raueres Abrollverhalten und mangelnde Stabilität in Schräglage bei schweren Motorrädern kommen negativ dazu. Je nach Marke/Modell mehr oder weniger. Der Straßengrip an sich ist bei modernen 50:50ern nicht das große Thema. Fährt man nicht gerade mit dem Messer zwischen den Zähnen, lässt der Reifen sportliche Schräglagen und hartes Bremsen zu. Dank hohem Silica Anteil ist auch bei Nässe ausreichend Vertrauen da.
Im Geländeeinsatz wirkt sich der 50:50er Kompromiss in der Profilgestaltung bei tiefen, rutschigen Böden aus. Im Vergleich zu Offroad- bzw. Rallyreifen sind die Stollen niedriger und näher beieinander. Dadurch setzt sich der Reifen leichter mit Dreck zu und dreht früher durch. Der Grip reißt ab. Die weichere Gummimischung greift zwar auf Schotter und harten, glatten Flächen super, dringt aber bei weicheren Böden nicht so gut in den Untergrund ein. Dazu ist der Verschleiß hoch, wenn es rallytypisch hart und steinig zur Sache geht.
Dunlop Trailmax Raid – was kann der neue 50:50er?
Letztes Jahr bin ich den neuen Dunlop Trailmax Raid gefahren. Der aktuellste 50:50er Reifen am Markt. Jeder Hersteller interpretiert das Thema unterschiedlich. Nach dem – Dunlop Trailmax Raid – Test beim Jentlflow Rallyfahrtechniktraining in Kroatien – war für mich klar. Dunlop wollte offensichtlich bei den Straßeneigenschaften keinen und bei den Offroadeigenschaften möglichst wenig Kompromiss eingehen. Das vom Rally Hinterreifen aus eigenem Haus inspirierte Blockprofil bietet auf der Straße top Performance. Durch die relativ große Auflagefläche in der Mitte rollt der Reifen gut ab und verschleißt nicht zu stark. Große Abstände zwischen den Blöcken sorgen dann Offroad für Grip, wenn der Reifen im Schotter oder Sand einsinkt. Genau das gleiche Prinzip wie beim Rallyreifen Dunlop D908RR. – Dunlop D908 Rally Raid im JentlFlow Test –
In Schräglage bieten die größeren Blöcke auf Asphalt ebenfalls viel Grip und Stabilität. Auch mit schweren Adventurebikes kann man hart tief in die Kurve hineinbremsen. Offroad wünscht sich ein sportlicher Fahrer vorne ein etwas offeneres Profil mit kleineren Profilblöcken. Das würde das Vertrauen und den Offroad Grip in Schräglage erhöhen. Aber alles geht halt nicht. Die Gummimischung mit hohem Silicaanteil ist dunloptypisch griffig aber auch sehr widerstandsfähig.
Rallyreifen – nur für den Renneinsatz geeignet?
Anders als Hardenduroreifen haben Rallyreifen eine extrem feste, widerstandsfähige Karkasse. Dadurch eigenen sie sich auch für +200kg Bikes. Dazu ist die Gummimischung nicht zu weich und auf lange Lebensdauer ausgelegt. Auch das kommt einem 100PS Bike zugute.
Voraussetzung für den Einsatz von Rallyreifen ist ein Felgensatz der den Einsatz von Schläuchen (oder Mousse) ermöglicht; wie die – KTM Heavy Duty Laufräder – KTM Adventure 890 –. Denn Markenübergreifend sind alle Rallyreifen Tube Type Modelle, sie können also nicht schlauchlos gefahren werden.
Dunlop D908RR und D606F – Rallyreifen mit Allroundpotential
Dunlop Rallyreifen habe ich jetzt seit 3 Jahren im intensiven Einsatz. – Dunlop D908 Rally Raid im JentlFlow Test – Und zwar im harten Offroadeinsatz wie bei der Bosnia Rally und wenn es beim – Fahrtechniktraining für die Bosnia Rally – zur Sache geht. Aber auch im Allroundeinsatz wie bei der Jentlflow Adventurebike Westalpentour kommt er zum Einsatz.
Beim Vorderreifen greift man als Zweizylinderfahrer besser zum Dunlop D606. Beim D908RR Vorderreifen sind die Stollen für 200kg Bikes zu weich. – Dunlop D908 Rally Raid im JentlFlow Test – Für die Dunlop D908RR/D606F Kombi sprechen für mich vor allen zwei Argumente: Lebensdauer und Allroundeigenschaften.
Durch das große Plus in der Laufflächenmitte rollt der Hinterreifen verhältnimäßig gut ab und verschleißt nicht so schnell wie Rallyreifen mit klassischem Motocrossblockprofil. (Michelin, Pirelli) So ist z.B. die Bosnia Rally mit 5 Fahrtagen und 1.400 steinigen Kilometern ohne Reifenwechsel möglich. Auf nassem, tiefen, rutschigen Boden kann er nicht ganz mithalten, das ist die Kehrseite der auf Laufleistung ausgelegten Profilgestaltung. Da ist er in etwa auf dem Gripniveau eines offroadorientierten 50:50er Reifens wie dem Michelin Ankee Wild. Das allerdings aufgrund des höheren Profils und der härteren Gummimischung deutlich länger. Michelin Desert Race und Pirellli Scorpion Rally Racing können hier mehr. Allerdings zu Lasten des Verschleisses. 5 Tage Bosnia Rally sind mit einer 890er KTM kaum möglich.
Solange es trocken ist, lässt sich die Dunlop D908RR/D606F Kombi auch auf der Straße recht gut fahren. Natürlich nicht so wie ein 50:50er, aber doch so, dass es Spaß macht. Beim harten Bremsen und bei Nässe sollte man allerdings vorsichtiger sein. Die höheren Stollen verwinden sich dann etwas und die dicke, widerstandsfähige Karkasse und härtere Gummimischung bietet nicht den Grip eines geschmeidigeren, weicheren 50:50er.
Fazit – Welchen Reifen für wen?
Lange Anreise mit viel Fahrspaß auf der Straße und dann vor Ort im Gelände den 50:50er Grip für ein sicheres Fahrgefühl nutzten. Das kann wohl kein anderer Reifen so gut wie der Dunlop Trailmax Raid. Speziell bei schweren Bikes punktet der neue 50:50er von Dunlop mit viel Stabilität auf Asphalt, Langlebigkeit aber auch ausreichend Offroadgrip.
Wer den Schwerpunkt im härteren Gelände hat, ist im Rallyreifensegment besser bedient. Durch das offroadorientierte Profil, speziell am Vorderrad des Dunlop D606F ist mehr Schräglage und damit eine höhere Kurvengeschwindigkeit auf losem Untergrund möglich. Am Hinterrad bietet ein Rallyreifen wie der Dunlop D908RR mehr und vor allen länger Offroadgrip als es ein offroadorientierter 50:50er. Dabei ist bei sportlicher Fahrweise die Haltbarkeit im Gelände sogar besser als beim 50:50er. Auf der Straße ist bei Nässe allerdings Vorsicht geboten. Dennoch ist die Dunlop D909RR/D606F Kombi meiner Meinung nach für den offroadlastigen Allroundbetrieb sehr zu empfehlen.
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