2020 ist ein guter E-Bike Jahrgang. Es gibt viele Neuentwicklungen aufgrund der neuen, kapazitätsstärkeren Batterien die unauffällig und daher formschön in das Unterrohr integriert werden können. Bikestore Graz hat mir eine Top Neuheit, das brandneue Cannodale Moterra Neo1 zur Verfügung gestellt. Für mich als Spezialized Kenevo Biker ist dieses E-Enduro aus mehrerer Hinsicht interessant:
- Ist der neue Bosch Performance CX Motor im Cannondale wirklich besser als der Brose im Spezialized? Lest über meine Eindrücke im Beitrag Bosch Performance CX2020 versus Spezialized 2.1 Brose.
- Das neue Moterra müsste von den Daten her als Enduro zwischen dem Spezialized Levo und dem neuen – extremen – Spezialized Kenevo Gen2 liegen. Die „Golde Mitte“ oder „Nicht Fisch nicht Fleisch“?
Moterra Geometrie – modern aber nicht extrem
Das Moterra ist länger (Reach und Radstand) als das Levo, aber deutlich kürzer als das neue Kenevo Gen2. Reach -25mm und Radstand -46mm zum 2020er Kenevo; bei Größe L . Kettenstreben um 4mm kürzer beim Cannondale, und das trotz 29“ Wheels. Lenkwinkel um 1,5° steiler, Sitzwinkel um 2° flacher. Das Moterra hat also eine moderne Enduro Geometrie, ist aber bei Weitem nicht so extrem lang und flach wie das neue Spezialized Kenevo; und liegt damit zwischen Levo und Kenevo.
Keine perfekte Sitzposition im Uphill
Im Uphill fällt gleich einmal der flachere Sitzwinkel auf. Zudem knickt das Sitzrohr auch stärker nach hinten. Speziell wenn man lange Beine hat, muss man den Sattel ganz nach vorne stellen. So eingestellt passt es gerade. Beim Kenevo sitzt man mehr über dem Tretlager, speziell wenn es bergauf geht, gefällt mir das besser. Dafür ist beim Monterra der kleinste Berggang mit 50 Zähnen (SRAM NX Eagle 12Fach) deutlich schärfer als beim Kenevo mit 42 Zähnen. (SRAM PG 11Fach Kassette) Daher muss man mit mehr Motorunterstützung mithelfen und kann nicht im Schritttempo – mit weniger Akkuverbrauch – den Berg hinaufklettern.
Im Downhill agil und sicher
Die im Vergleich zum Kenevo gemäßigte Geometrie des Moterra funktioniert schon bei geringerem Tempo sehr gut und benötigt weniger Aggressivität. Bei den aktuellen feuchten Streckenbedingungen ist das jedenfalls kein Nachteil. Trotz theoretisch trägeren 29er Laufrädern (vorne und hinten) lenkt sich das Moterra agil und fühlt sich im Vergleich zum Kenevo leichtfüßig an. Die 29er helfen beim Speed mitnehmen aus der Kurve, das gefällt. Wenn es steil bergab geht, ist mir hinten ein 27,5er Laufrad lieber, das gibt mehr Bewegungsspielraum und damit mehr Sicherheit. Beide Bikes kommen übrigens mit 2,6“ breiten Reifen, ein perfekter Mix aus Grip und Präzision. Das Anheben des Vorderrads gelingt beim Cannondale recht gut, vor allem im Vergleich zum langen neuen Kenevo.
Mit unterschiedlichen Geometrieansätzen zum Ergebnis:
Das Moterra macht das Handling über die Geometrie, die Stabilität über die 29er Wheels. (und top Fahrwerkkomponenten) Beim Kenevo ist das umgekehrt. Die Geometrie gibt extreme Stabilität, die 27,5er Laufräder sind für das Handling zuständig.
Fahrwerk – Enduro versus Race Freeride
Wie bei der Geometrie liegt das – Enduro – Moterra auch vom Federweg zwischen dem – Trailbike – Levo (150mm) und dem – Race/Freerider – Kenevo (180mm). Mit 160mm nahe am Levo, allerdings ist der 150mm Levo Hinterbau straff ausgelegt, wie es sich für ein Trailbike gehört. Die 160mm beim Moterra fühlen sich da nach deutlich mehr an. Zusammen mit der Endurogeometrie fährt sich das Bike auch satter und sicherer als das Levo. Aber doch um einiges weniger stabil als das Kenevo. Vor allen hinten ist das 180mm Stahlfederbein eine andere Liga, wenn es um Traktion und Sicherheit geht. Dafür ist das Monterra eben agiler. Keine Überraschung, man bekommt was man erwartet.
Beim Moterra gibt es noch die downhill-lastigere Cannondale Moterra Neo SE Version mit der gleichen Gabel (Rock Shox Boxxer Select) wie beim Kenevo. Das wäre dann die gleiche Kategorie, mit VK 6.999,- auch preislich interessant. Plus 100,- zum Kenevo Expert (6.899,-), dafür mit Carbonhauptrahmen und SRAM NX Eagle Komponenten. Vielleicht bekomme ich einmal eine Testgelegenheit, das wäre dann ein echter Vergleichstest und nicht ein Konzeptvergleich. So fährt sich das Moterra SE; wenn man Josh Bryceland heißt:
Bremse Magura MT7 – top
Erstmalig hatte ich die Möglichkeit, die Downhillbremse von Magura zu fahren. Und ich war sehr beeindruckt. Bremskraft, Dosierbarkeit, Ergonomie absolut top. Würde ich mir sofort auf mein Kenevo schrauben. Vor allen die übergroße 220er Scheibe vorne wird wohl bald auf allen downhilllastigen E-Bikes Serie sein.
Gewicht – leicht sind sie beide nicht…
Laut den Datenblättern sind zwischen Moterra (24,1kg) und Kenevo (24,6kg) nur 500g Unterschied. Beim Heben merkt man die Differenz doch. Das Moterra hat einen Carbonhauptrahmen und keine Downhillfederelemente. Am Trail kommt noch der geringere, straffer abgestimmte Federweg dazu, der das Cannondale deutlich leichtfüßiger wirken lässt.
Fazit – welches Bike für wen?
Einen Sieger gibt es in diesem Vergleich nicht. Zu sehr ist Einsatzbereich und persönliche Präferenz entscheidend. Ist Dir das Levo zu wenig downhilllastig und das neue Kenevo zu extrem dann könnte das Moterra die Golde Mitte für Dich sein. Mit 29er Laufrädern macht es herrlich Speed und gibt Sicherheit, die gemäßigte Geometrie lässt es agil und lebendig wirken und es ist dadurch ein herrliches Allround E-Enduro. Das neue Kenevo ist ein Extrembike. Nicht dass man damit nicht alles machen könnte. Nur auf einfachen, flachen Downhilltrails muss man schon sehr puschen, um Spaß zu haben. Geht es aber bergab richtig zu Sache, ist das Bike eine Macht. Man fährt damit schneller, sicherer und radikalere Linien als mit dem Monterra1. Aber wahrscheinlich auch als mit jedem anderen Endurobike…
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