Zwei Saisonen und gut 26.000km hat mich die KTM Adventure 790R auf meinen Touren begleitet. Und hat dabei immer zuverlässig funktioniert. Im Frühjahr 2021 kommt die KTM Adventure 890R als Nachfolgemodell auf den Markt. Die Latte liegt jedenfalls hoch für die 890er. Zeit, um auf meine Erfahrungen mit der 790R zu blicken und was ich mir von der 890er erwarte.

Warum gerade KTM Adventure 790R? – gilt das auch für die 890R?

Kaufgrund für die 790R war für mich die hohe Offroadtauglichkeit bei dennoch guten Straßen- und Toureneigenschaften. Und genau diesen Spagat kann die Mittelklasse Adventure so gut wie kein anderes Bike. Der niedrige Tank senkt den Schwerpunkt, was zusammen mit dem – für 2-Zylinder – leichten Gewicht zu einem sensationellen Handling führt. Dazu wird der Tank oben schmal und erlaubt eine echt sportliche Enduro Sitzposition.

Laut KTM ist die neue 890er 7kg schwerer. Wie es aussieht hat man bei der 790er das Trockengewicht ohne Betriebsmittel (Motoröl, Kühlwasser,..) gemessen, bei der 890er inklusive. Nicht sehr clever. Glaubt man der Messung (vollgetankt, fahrfertig) vom Motorradmagazin, ist die 890er ein Kilo schwerer, was dem größeren Motor geschuldet ist. Logisch. Gewicht ist für mich ein wichtiger Faktor, da bin ich beruhigt, ein Kilo ist verkraftbar. Der Abstand zum großen Einzylinder aus gleichem Hause, der KTM Enduro 690R, ist eh schon bei satten 50kg, was so manchen offroadorientierten Adventurebiker ins Grübeln bringt…
Zum Basisgewicht kommen bei mir noch stärkerer Motorschutz, stabile Navihalterung, Vorbauabstützung (Camel-Brace) und einige Schutzteile dazu. Bei jedem Zubehörteil schaue ich aufs Gewicht und versuche nichts Unnützes ans Bike zu Schrauben. Da wären plus 7 Kilo gar nicht gut gewesen.

Die Straßentauglichkeit wird mit dem stärkeren Motor besser sein, ob er mir Offroad auch mehr taugt, werden wir sehen. Mehr Hubraum macht ein Fahrzeug grundsätzlich träger. Mir gefällt das Spielerische an der 790er, kann da die 890er mit? Ist der Straßen-Offroad Spagat, den die Mittelklasse KTM so gut beherrscht ein Stück Richtung Straße verschoben, oder ist er größer geworden?

KTM Adventure 890R vs 790R – Neues Dekor, Updates sonst nicht erkennbar.

790R Fahrwerk – schwer zu toppen für die 890R

Das 790R Fahrwerk ist sportlich straff abgestimmt und kennt kein Durchschlagen. Hier gibt es am Adventurebikemarkt nichts besseres.  – KTM Adventure 790r Offroad Fahrwerkstest und Fahreigenschaften –  Komfort und Traktion könnte man über ein WP Pro Components Fahrwerk verbessern, mit 24cm (wie Serie) oder 27cm wie in der KTM Adventure 890R Rally. Wobei das Serienfahrwerk wirklich sehr gut funktioniert. Durch die härtere Grundabstimmung fährt die 790R auch sehr sportlich am Asphalt. Am Fahrwerkssektor gibt es bei der 890R keine großen Änderungen, außer Kleinigkeiten am Setting. Und das ist gut so.

790er Motor – Update auf 889cm³ dank Euro 5

Der Motor der 790er gefällt mir sehr gut, vor allen der breite Drehzahlbereich und die Spritzigkeit begeistern. – KTM Adventure 790R Motor und Bremsen im Offroadtest – Bemängeln könnte man die magerere Abstimmung, die zu Ruckln in niedrigen Drehzahlen und hin und wieder zu Verschluckern beim schnellen Gasaufreißen führt. Im Grunde kein großes Thema, dennoch der Punkt, wo ich mir bei der 890er die größte Verbesserung erhoffe. Ich bin gespannt, wie KTM die Abstimmung hinbekommen hat. Angeblich ist der Verbrauch um 0,5l gestiegen, was zwar nicht sehr erfreulich ist, aber auf eine fettere Abstimmung schließen lässt. Außerdem sollte der um 12Nm drehmomentstärkere Motor beim Wheelen von Vorteil sein. Wie sich allerdings die größere Schwungmasse auf das Handling auswirkt, ist für mich die große Frage. Wo Licht ist, ist auch Schatten…

Hoffentlich behält die 890er die Agilität der 790er.

Was ist noch neu bei der 890er?

KTM hat den Quickshifter weiter verbessert. Beim Runterschalten gibt es bei der 790er hin und wieder ein Schiebemoment und die Schaltzeiten könnten auch etwas schneller sein. Ich bin gespannt, ob die 890er hier wirklich besser ist.
Die Bremsanlage wurde überarbeitet, sie soll jetzt standfester und aggressiver sein. Meine 790er Bremse hat an sich gut funktioniert. Vorne kämpfte ich immer wieder mit wandernden Druckpunkt. Das wurde durch den Rep. Satz der Duke auf Garantie behoben und wird bei der 890er kein Thema mehr sein. Das giftigere Ansprechverhalten der 890er Bremse ist auf der Straße sicherlich top. Ich hoffe allerdings, dass die Dosierbarkeit im Gelände nicht darunter leidet.
Auch die Kupplung wurde verbessert und soll jetzt härter im Nehmen sein. Wobei ich nie ein Problem hatte, obwohl ich viel mit Kupplung fahre. Die Betätigung über Seilzug hat mich zuerst geärgert, sind doch alle anderen KTM Premium Modelle mit moderner hydraulischer Kupplung ausgestattet. Im Nachhinein gesehen doch gut, da man einfach über einen längeren Kupplungsbetätigungsarm (zb Camel one finger clutch) die Betätigungskräfte deutlich reduzieren kann.

Was wurde bei der 890er nicht verbessert?

Ich hätte mir einen etwas stabileren Motorschutz und eine serienmäßige Vorbauabstützung (Neck Brace) gewünscht. Leider nein. Eine Tankanzeige, die nicht erst ab der Hälfte anzeigt und einen Seitenständer, den man nicht mit der Ferse runterdrückt, wird es wohl auch erst beim nächsten Update geben.
Ansonsten kommt die 890R wie die 790R als 50:50 Road:Gelände – Bike. Will man mehr in Richtung Offroad, muss man wie bisher in diese Richtung tunen. –  KTM Adventure 790R 5 Setup Tipps für bessere Offroadperformance

Soll man auf die 890er wechseln?

Ohne mit der 890er gefahren zu sein, glaube ich, dass man als zufriedener 790er Fahrer nicht unbedingt wechseln braucht. Ich persönlich würde einzig mit einem Tuning der ECU (Coober Power Kit oder STC Otto Leirer) den Motor etwas fetter machen, wenn ich mit der 790er weiterfahren würde. Die Updates der 890er verbessern jedenfalls die Straßentauglichkeit. Möglicherweise ist die leichtere, agilere 790er Offroad das bessere Motorrad? Ich hoffe nicht.

Fazit

Michael Jentl JentlflowDie 890er ist gekommen um zu bleiben. Die Euro 5 erfordert den größeren Motor und so ist es nun mal. Die Straßenperformance hat dadurch mit Sicherheit gewonnen. Ob der trägere, aber geschmeidigere Motor Offroad eine Verbesserung ist, wird sich weisen. Ich war mit der KTM Adventure 790R immer sehr zufrieden, aber ich bin zuversichtlich, dass mir die 890er auch taugen wird. Da vertraue ich KTM. Der König ist tot, lang lebe der König.