Topaktuell bringt Spezialized für 2020 eine SL (Superlight) Variante vom beliebten Trail E-Bike Turbo Levo auf den Markt, das Spezialized Turbo Levo SL. Gute 4kg ist das SL leichter. So ist im Topsegment ein Gewicht unter 17kg möglich. Im Vergleich wiegt ein E-MTB im Schnitt um die 22-23kg, ein herkömmliches Mountainbike 12-14kg.  Also eine gewaltige Gewichtsreduktion.

Warum wollen alle leichte E-Bikes?

Jeder, der das erste Mal ein E-Bike probiert, ist fasziniert von der Motorunterstützung aber erschrickt beim Aufheben. In Bewegung kaschiert der tiefe Schwerpunkt das hohe Gewicht. Natürlich ist das Handling träger, Bunny Hops fallen schwerer und beim Anbremsen schiebt mehr Masse an. Aber das hohe Gewicht drückt das Bike auch an den Boden und sorgt so für ein sattes, sicheres Fahrgefühl und viel Traktion. Dazu kommt, dass man bei E-Bikes generell etwas downhill-lastigere Reifen verwendet die zusätzlich mehr Grip bieten. Ist das E-Bike ein paar Kilo leichter vereint man die Vorteile von Bio- und E-Bike. Genau das ist Spezialized mit dem Levo SL gelungen. Das Rad fährt sich unglaublich leichtfüßig und spritzig. Das wird auch durch die kurzen Kettenstreben (18 mm kürzer als beim Levo) unterstützt. Wunderbar !

Jawoll, 4 Kilo leichter – aber wo ist der Hacken?

Ist der kleine Motor zu schwach?

Weniger Gewicht bei gleicher Leistung geht natürlich nicht. Der Motor im SL hat 240 Watt und verdoppelt die Fahrerleistung. Beim Levo sind das 565 Watt und eine Vervierfachung der Eigenleistung. Der SL Motor fühlt sich im vollen Leistungsmodus an wie beim Levo/Kenevo bei ca 20% Unterstützung. Dazu kommt das das Drehmoment mit 35Nm (Levo 90Nm) deutlich geringer ist. Defakto ist spürbar mehr Eigenleistung erforderlich, vor allen an steilen Rampen. Dennoch ist durch die leichte Übersetzung alles fahrbar, aber langsam. Durch die – im Vergleich zu meinem Kenevo – kurze Geometrie mit kurzen Kettenstreben fällt es mir allerdings schwer das Vorderrad am Boden zu halten. Zudem sitzt man auch weiter hinten und das Federbein sackt stärker ein, wenn man nicht mit Propedal (Druckstufenverhärtung am Federbein) fährt. Sind die Steigungen gemäßigt, kommt man gut und mühelos voran. Aber immer langsamer als mit einem Levo/Kenevo. Das hat auch zur Folge dass man nicht so ohne weiters mit einer Gruppe E-Bikern mitfahren sollte… Dennoch – ist man fit, hat es nicht eilig und will nicht ständig Steilhänge hinauffahren – ist der Motor ausreichend stark, auch wenn man E-Bike Power gewohnt ist. Kommt man vom Bio-Bike ist man sowieso begeistert. Der Motor unterstützt in allen Drehzahlbereichen gleichmäßig, besser kann es nicht sein. Das Fahrgefühl ist sehr natürlich. Leider säuselt er deutlich lauter als der Levo/Kenevo Motor, das wird den einen oder anderen stören.

Sehr kleiner Motor und fix in das Unterrohr integrierter Akku

Hat der kleine Akku zu wenig Reichweite?

Der neue SL Motor soll mit den Akkuzellen effektiver umgehen, daher kann eine kleine, leichte 320Wh Batterie verbaut werden. Optional gibt es noch einen Range Extender mit 160Wh für den Flaschenhalter. Ich bin 2 Testrunden auf meinen Hometrails gefahren. Hier geht es nur bergauf-berab ohne Flachstücke. Mit meinem Merida eOne-Sixty und meinem 2019er Kenevo, jeweils mit 500Wh Akku, bin ich mit 20% Unterstützung bis zu 1.600Hm gefahren. Mit dem neuen 2020er Spezialized Kenevo Expert (700Wh Akku) fahre ich mit 30% Unterstützung lockere 1.700Hm, mit 20% werden wohl bis 2.000Hm möglich sein. Dabei kann ich auch den Flaschenhalter nutzen, was beim Levo SL nicht geht will man mehr als 1.100Hm fahren. Bei meinen 2 Testfahrten war nach 24km, 2:00 und 1.100Hm der Akku komplett leer. Das ist mir jedenfalls zu wenig. Dazu kommt, dass bei 20% Akkustand der Motor die Leistung stark reduziert, sodass die letzten 150Hm sehr langsam und mühevoll vonstatten gehen. Gefahren bin ich meist mit 40% Unterstützung und 100 % Spitzenleistung. So wird die volle Leistung bei 300 Watt Fahrerleistung erreicht. (Bei 100%/100% schon bei 120 Watt) Wenn es bergauf geht, ist das gleich einmal der Fall, da ist es egal ob man mit 40% oder 100% Unterstützung fährt. Daher ist der Motor und damit der Akku gefordert. Will man Akku sparen muss man Spitzenleistung reduzieren, aber dann wird’s zach bergauf. Also für mich müsste der Akku deutlich größer sein, damit ich mit voller Leistung locker zumindest 1.500Hm komme. Das ginge vielleicht – aber immer noch knapp – mit dem Range Extender, aber dann gibt es keinen Flaschenhalter mehr.

Das Levo SL schaut nicht nur leicht aus, es fährt sich auch sehr leichtfüßig!

Für wen ist das neue SL Motoren Konzept geeignet?

1, Sportliche Umsteiger vom herkömmlichen Mountainbike Das Levo SL vereint die Agilität eines Bio-Bikes mit der Stabilität eines E-Bikes. Vom Fahrverhalten gibt es keinen Grund mehr nicht E-Bike zu fahren. Mit Verdopplung der Eigenleistung fährt man mit einem robusten Trailbike bergauf leichtfüßig wie mit dem XC Bike, wird aber nicht hinaufgeschoben, sondern muss richtig Eigenleistung bringen. Noch nie war E-Biken so sportlich!
2, E-Biker die die volle Motorleistung nicht oder kaum nutzen So wie viele E-Biker nutze ich die volle Motorleistung ganz selten. Ich fahre meist im Bereich zwischen 20% bis 50%, so wie viel andere auch. Aber Achtung – der Schritt zum SL Motor ist ein radikaler. In voller Leistung hat man eine Unterstützung von ca 20% wie man es von Levo/Kenvo gewohnt ist. Nur ist das dann beim SL Motor die volle Motorleistung ohne Reserve und mit deutlich weniger Drehmoment, sodass man an Steigungen deutlich mehr Eigenleistung bringen muss. Je schwerer man ist umso gravierender ist das Leistungsmanko spürbar. Leichte Biker sind hier klar im Vorteil; auch was Reichweite betrifft.

Vorteile SL Motor

  • Leichtfüßiges Handling
  • Motorunterstützung sehr harmonisch
  • Größerer Trainingseffekt
  • Ideal für leichte und fitte Biker/innen

Nachteile SL Motor

  • Reichweite ohne Range Extender gering
  • Motorengeräusch lauter als beim Levo
  • Langsamer, daher in gleicher Zeit weniger Trails möglich
  • Meine E-Bike Freunde fahren mir bergauf davon

Fazit

Mit dem neuen Leichtkonzept des Levo SL opfert Spezialized Motorleistung und Reichweite für leichtes Handling. Ein revolutionärer, zukunftsweisender Schritt in Richtung sportliches E-Biken. Jedenfalls empfiehlt sich eine E-Bike Testfahrt mehr denn je. Möglich macht das Eurer Spezialized Händler; in meinem Fall RoFa Sport in Graz/Andritz. Manch einer wird wegen der relativ geringen Motorleistung enttäuscht sein und doch zum Levo greifen. Aber für viele sportliche Biker ist das neue Levo SL eine Offenbarung. Ich bin gespannt auf Leichtbikes anderer Marken und weitere Spezialized Modelle mit dem neuen SL Motor. Vor allen ein leichtes 160mm Enduro steht wohl ganz oben auf der Wunschliste vieler Spezialized Fans. Als E-Freeider bleibe ich solange aber mit Sicherheit bei meinem geliebten Kenevo Gen2 Kenevo Expert. Bergab unerreicht souverän und bergauf stark und ausdauernd ist es für mich trotz 24kg stimmiger.